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Ladeinfrastruktur in Deutschland: Status Quo und Herausforderungen

In der aktuellen Ausgabe widmen wir uns der Ladeinfrastruktur in Deutschland sowie den Herausforderungen auf dem Weg zu einer erfolgreichen EV-Infrastruktur. Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Bedarf des EV Parks von 3 Millionen Fahrzeugen wird aktuell durch circa 70.000 Ladepunkte in Deutschland gedeckt und wächst mit circa 1.200 Ladepunkten je Monat
  • Die Verteilung des Ladenetzwerkes auf der deutschen Landkarte zeigt starke Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Der Bundesschnitt liegt bei 43 Fahrzeugen je Ladepunkt – in Niedersachen oder Schleswig-Holstein kommen 33 Fahrzeuge auf einen Ladepunkt, im Saarland sind es 66
  • Zielgerichtete Förderprogramme für ein Schnellladenetz und öffentliche Ladepunkte sind aufgesetzt und in Umsetzung (Gesamtvolumen von 2.8 Milliarden € durch das BMDV)
  • Bei steigender Auslastung der Ladepunkte und gleichzeitig höherem Strompreis-Premium kann der IRR (Internal Rate of Return) Werte oberhalb von 20% erreichen

Status Quo EV Park und EV Infrastruktur
Aktuell ist in Deutschland ein EV Park von rund 3 Millionen Elektro- (BEV) und Hybrid- (PHEV) Fahrzeugen zugelassen, der sich aus 28% BEV- und 72% PHEV-Fahrzeugen zusammensetzt (Quelle: Kraftfahrtbundesamt, November 2022).

Dem gegenüber stehen aktuell ca. 70.000 Ladepunkte in Deutschland. Davon entfallen 59.000 auf Normalladepunkte (bis 22kW) und 11.000 auf Schnellladepunkte (ab 22kW). Dies entspricht einer installierten Gesamtnetzleistung von 2,2 Mio. kW (Quelle: Bundesnetzagentur, Oktober 2022).

Die Gesamtanzahl der installierten Ladepunkte ist seit 2021 mit circa 30% CAGR gewachsen, im Jahr 2022 wurden je Monat circa 1.200 neue Ladepunkte installiert.

Der aktuelle EV Park hat einen jährlichen Energiebedarf von rund 2 Terawatt-Stunden – der Gesamtjahresbedarf in Deutschland beträgt circa 500 Terawatt-Stunden (statista 2021). Parallel wird das Stromnetz mit intelligenten Lösungen weiterentwickelt: Hierzu zählen beispielsweise netzdienliche Lademanagement-Lösungen zur Glättung von Belastungspitzen, beziehungsweise ein langfristiger Ausbauplan mit beispielsweise größeren Kabelquerschnitten und Trafo-Stationen mit Platz für größere Transformatoren.

Die aktuelle AlixPartners Electric Vehicle Consumer Survey zeigt, dass die momentan installierte Anzahl von Normal- und Schnellladepunkten den Bedarf des bestehenden EV Parks abdecken kann. Mit zunehmendem BEV-Anteil wird der Bedarf an Schnellladepunkten jedoch zunehmen, da eine größere Ladeleistung je Ladevorgang als bei Hybrid-Fahrzeugen erforderlich ist: Bei Hybrid-Fahrzeugen liegt die durchschnittliche Größe der Batterie bei 8-15 kWh und lässt sich in ein bis zwei Stunden an einem Normalladepunkt laden. BEV-Fahrzeuge besitzen jedoch Batterien mit einer Größe von 60 und mehr kWh, deren Ladung an einem Normalladepunkt länger als 4-5h dauert. An Schnellladepunkten kann eine Ladung von 80% meistens in ca. 30 min erreicht werden.

Mit wachsendem EV Park wird die Anzahl an EV-Eigentümern mit einer Home-Charging-Möglichkeit sukzessive von heute circa 85% auf circa 60% abnehmen (Quelle: BMVI Masterplan Ladeinfrastruktur). Für die Auslastung der öffentlichen Ladepunkte wird gleichzeitig ein Anstieg erwartet – bei Normalladepunkten von heute im Schnitt 10% auf bis zu 15% (entspricht einer Belegung von 2,4h bzw. 3,6h je Tag). Bei Schnellladepunkten von heute 5% auf 8% (1,2h bzw. 2h je Tag).
 

Herausforderungen auf dem Weg zu einer erfolgreichen EV-Infrastruktur
Abgeleitet aus der aktuellen Datenlage, sind auf dem Weg zu einer erfolgreichen EV-Infrastruktur besonders drei Herausforderungen zu bewältigen:

  • Anzahl und regionale Verteilung der Ladepunkte
  • Wer treibt die notwendige Entwicklung des Ladenetzwerkes?
  • Lukrativität des Investment-Cases

Herausforderung 1: Anzahl und regionale Verteilung der Ladepunkte

In der AlixPartners EV Consumer Survey haben in Deutschland 75% der Befragten die Verfügbarkeit öffentlicher Ladeinfrastruktur als sehr wichtig beziehungsweise entscheidend bewertet. Entscheidend bedeutet dabei, dass Ladepunkte eine vergleichbare Verfügbarkeit wie heutige Tankstellen aufweisen müssten. Dieses Bild deckt sich mit weiteren Ländern Europas sowie den USA.

Setzt man das Umfrageergebnis in Kontext zur aktuellen Infrastruktur zeigt sich, dass der objektive Bedarf an Ladepunkten in Deutschland für den aktuellen BEV- und PHEV-Fahrzeugbestand abgedeckt ist. Jedoch wird hierbei die regionale Verteilung auf Bundeslandebene nicht berücksichtigt. Zwischen den einzelnen Bundesländern besteht aktuell eine ungleiche Verteilung von Ladepunkten, mit einem Unterschied von bis zu Faktor 2. Spitzenreiter sind Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit 33 Fahrzeugen je Ladepunkt. Schlusslicht ist das Saarland mit 66 Fahrzeugen je Ladepunkt. Der Bundesschnitt liegt bei 43 Fahrzeugen je Ladepunkt (berücksichtigt BEV & PHEV, Normal- und Schnellladepunkte; Quelle: Ladesäulenregister Bundesnetzagentur Oktober 2022 und Kraftfahrtbundesamt November 2022).

Betrachtet man nur BEV und Schnellladepunkte, kommen in Deutschland durchschnittlich 73 BEV auf einen aktuell installierten Schnellladepunkt, mit einer Range der Bundesländer von 31 bis 104 BEV je Schnellladepunkt.

Herausforderung 2: Wer treibt die notwendige Entwicklung des Ladenetzwerkes?

Die Umsetzung des deutschen Ladenetzwerkes wird über das Bundesministerium für Digitales und Verkehr beziehungsweise die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur unterstützt und gesteuert. Aktuell existieren verschiedene Förderprogramme, zum einen für Heim-Lade-Stationen, aber vor allem für die öffentliche Ladeinfrastruktur, von in Summe 2.8 Mrd. Euro. Hauptprogramme sind die Bundesförderrichtline für öffentliche zugängliche Ladeinfrastruktur mit 500 Mio. Euro Förderung bis 2025 sowie das Deutschlandnetz mit circa 8.000 Schnellladepunkten zum Schließen „weißer Flecken“ auf der Ladelandkarte.

Unsere Befragung möglicher BEV-Käufer zeigt, dass sie von Autoherstellern erwarten, eine ausreichende Verfügbarkeit des Ladenetzwerks sicherzustellen und diesen Schritt nicht allein der Regierung oder Dritten zu überlassen. In Deutschland fordern dies 57% der Befragten.

Am Markt sind bereits Unternehmen wie Ionity – ein Joint Venture von BMW, Ford, Hyundai, Mercedes und Volkswagen – oder auch Hersteller wie Tesla direkt aktiv, die, mit besonderem Fokus auf Schnellladepunkte, den Ausbau der EV-Infrastruktur vorantreiben.

Das Ziel dieser „For Profit Unternehmen“ ist jedoch nicht zwangsläufig eine flächendeckende Infrastruktur, sondern eine Infrastruktur, die die Balance zwischen dem Überzeugen potenzieller Kunden und der Wirtschaftlichkeit der Ladepunkte hält.

Herausforderung 3: Lukrativer Investment-Case

Eine gegebenenfalls notwendige Übersättigung beziehungsweise Ladepunktverfügbarkeit oberhalb des Bedarfes für den aktuellen Fahrzeugbestand steht einem wirtschaftlichen Investment-Case gegenüber. Dieser vermeintliche Widerspruch kann zwar zunächst mit Förderprogrammen minimiert werden, setzt jedoch voraus, dass Förderungen abhängig von der wirtschaftlichen Attraktivität des jeweiligen Standortes variieren.

Haupttreiber für die Kalkulation eines möglichst attraktiven Internal Rate of Return (IRR) sind die Auslastung sowie der Strompreis-Aufschlag (Grafik 4). Betrachtet man führende „Chargepoint Operator“ aus den USA wie Blink, ChargePoint oder EVGo, zeigen Jahresergebnisse aus dem Jahr 2021, dass mit der aktuellen Preisgestaltung und gleichzeitigem Investitionsbedarf für den Ausbau die EBITDA Werte für alle Unternehmen im negativen Bereich liegen.

Laut der AlixPartners EV Consumer Survey ist ein höheres Premium für Schnellladepunkte umsetzbar. Verbunden mit einer Ziel-Auslastung von bis zu 15% und einem Premium von circa 0,4€ könnten IRRs von bis zu 20% erreicht werden.

Fazit
Betrachtet man die drei genannten Herausforderungen und deren aktuelle Bewältigung, muss die Ladeinfrastruktur (noch) als Hemmschuh gesehen werden.

Aktuell wächst die Lade-Infrastruktur in Deutschland mit ca. 1.200 Ladepunkten je Monat, gestützt durch staatliche Förderprogramme und private Unternehmen. Werden die Absatzzahlen für Elektrofahrzeuge für die nächsten Jahre erfüllt, wird der Elektrofahrzeugbestand bis 2030 mit einem CAGR von 20-24% wachsen. Dieser Wachstumsrate muss der Ausbau des Ladenetzwerkes mindestens folgen – und dies flächendeckend.

Mit einem größeren Elektrofahrzeug-Bestand wird sich die Auslastung der Ladepunkte erhöhen und bei gleichzeitiger Durchsetzung eines höheren Premiums an Schnellladepunkten können IRRs (Internal Rate of Return) größer 20% erreicht werden.

Haben Sie weitere Fragen zur Ladeinfrastruktur in Deutschland? Melden Sie sich gern beim Autor des aktuellen Newsletters.

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